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Meldestelle für Diskriminierung in NRW verzeichnet vielfältige Grenzüberschreitungen während der Fußball-Europameisterschaft der Herren

Die Fußballeuropameisterschaft der Herren 2024 in Deutschland, ein Ereignis, das Millionen von Fans aus ganz Europa unter dem Motto der Bundesregierung „Heimspiel für Europa“ und dem Turnierclaim der UEFA „United by football. Vereint im Herzen Europas“ zusammenbringt, wird von zahlreichen nationalistischen Bekundungen und umstrittenen Vorfällen überschattet. Während das Turnier an sich ein Fest des Sports und der Völkerverständigung sein sollte, zeigen einige Fangruppen ein Verhalten, das die positiven Aspekte des Turniers in den Hintergrund rückt. Diese Art von Verhalten unterstreicht die tief verwurzelten politischen und sozialen Spannungen in einigen Teilen Europas, die auch vor einem Sportereignis nicht haltmachen. Viel mehr kann man sagen, dass gerade die riesige mediale Öffentlichkeit dafür genutzt wird, immer wieder politische Botschaften zu präsentieren, die mit den Werten des Sports definitiv nicht in einen Einklang zu bringen sind.

Bei der Meldestelle für Diskriminierung im Fußball in NRW (www.medif-nrw.de) sind über den gesamten Turnierzeitraum vielfältige Grenzüberschreitungen anonym gemeldet worden. Besonders problematisch war das Verhalten türkischer Fans, die wiederholt nationalistische Symbole wie den Wolfsgruß zeigten. Dieser Gruß, der in Verbindung mit der rechtsextremen Grauen Wölfe-Bewegung steht, war sowohl bei Autokorsos, bei Live-TV-Berichterstattungen, Fan-Walks als auch im Stadion zu beobachten. Das insgesamt größte mediale Echo wurde durch einen Vorfall im Achtelfinalspiel der Türkei gegen Österreich erzeugt, als der türkische Nationalspieler Merih Demiral nach seinem Tor auf dem Feld den Wolfsgruß zeigte und sich auch im Anschluss der Partie in Interviews noch zu der Geste bekannte. Solche Gesten sind nicht nur provokativ, sondern fördern auch eine Atmosphäre der Intoleranz und Spaltung.

Auch Englische Fans sorgten für Kontroversen, indem sie wiederholt Banner mit der Aufschrift „stop the boats“ in den jeweiligen Host-Cities präsentierten. Diese Parole bezieht sich auf die scharfe Anti-Immigrationspolitik, die in Großbritannien seit einigen Jahren ein zentrales Thema ist. Solche Botschaften werfen einen dunklen Schatten auf die Europameisterschaft, da sie statt eines Miteinanders eher zu Spaltung und Feindseligkeit beitragen.

Österreichische und tschechische Fans zeigten Banner mit der Parole „Defend Europe“, ein Slogan, der oft in rechtsextremen Kreisen verwendet wird und eine anti-immigrantische, fremdenfeindliche Haltung ausdrückt. Solche Botschaften haben keinen Platz in einem Sportereignis, das eigentlich die Vielfalt und Einheit Europas feiern sollte. Darüber hinaus stehen sie diametral zu den Äußerungen des österreichischen Nationaltrainers Ralf Rangnick, der sich im Rahmen des Turniers eindeutig gegen nationalistische Tendenzen in der Gesellschaft positioniert hat und somit sicherlich ein positives Role-Model für einen Fußball-Spitzenfunktionär darstellt.

In der Dortmunder Innenstadt zeigten italienische Tifosi beim von der Polizei begleiteten Walk durch die Innenstadt vor dem Spiel gegen Albanien wiederholt den Hitlergruß, eine Geste, die tief in der Geschichte des Faschismus verwurzelt ist und in Deutschland strafrechtlich verfolgt wird. Solche Aktionen sind nicht nur illegal, sondern auch extrem beleidigend und respektlos gegenüber den Opfern des Nationalsozialismus.

Ungarische Fans positionierten sich ohne Anlass wiederholt offen transfeindlich und sangen zudem bei ihren Fanwalks zu der Melodie des Liedes „L’Amour Toujours“ von Gigi D’Agostino den abgewandelten Text: „döp dö dö döp… Ausländer raus.“ Diese hasserfüllten Gesänge spiegeln eine fremdenfeindliche und intolerante Haltung wider, die keinen Platz in einer modernen und inklusiven Gesellschaft hat. Bereits bei der zurückliegenden Europameisterschaft und dem Gastspiel der Ungarn in München wurde die Kritik an einer pluralen, nicht binären Gesellschaft in Form von Bannern und Parolen zum Ausdruck gebracht und hat somit bereits eine gewisse Tradition.

Ähnliche Gesänge waren auch von österreichischen Fans während ihres Spiels gegen die Türkei in Leipzig im Rahmen einer TV-Live-Schaltung zu hören, was zeigt, dass diese Haltung kein Einzelfall ist, sondern ein breiteres gesellschaftliches Problem darstellt, was wir auch in Deutschland aus anderen gesellschaftlichen Bereichen spätestens seit dem Wochenendausflug einiger Neureicher auf die Insel Sylt wissen.

Auch serbische, kroatische, slowenische, rumänische, schweizer und albanische Fans fielen mit dem Zeigen nationalistischer Symboliken auf. Mehrfach wurde das in Deutschland verbotene Keltenkreuz, ein Symbol rechtsextremer Ideologie, in Form von Fahnen und Tätowierungen gezeigt. Das Zeigen des Keltenkreuzes ist in Deutschland strafrechtlich relevant und stellt einen Verstoß gegen den § 86 StPG dar. Darüber hinaus waren Fahnen und Flaggen mit nationalistischen Symbolen und Großreichphantasien zu sehen, ebenso wie der sogenannte 3-Finger-Gruß, der nationalistische und kriegerische Überlegenheitsansprüche signalisiert. Diese Symbole und Gesten verstärken die Spannungen und fördern eine Atmosphäre des Hasses und der Spaltung.

Ein besonders geschmackloser Vorfall ereignete sich bei einem Public Viewing in Mönchengladbach, wo ein deutscher Fan mit der Trikotnummer 44 zu sehen war. Diese Nummer wurde seinerzeit vom DFB im Anschluss an eine medial kontrovers geführte Debatte geändert, weil sie zu stark an die Symbolik der Waffen-SS erinnerte. Dass sich der Fan dennoch mit dieser Rückennummer in der Öffentlichkeit präsentierte, zeugt von einer bewussten Provokation und einer Verharmlosung der Schrecken des Nationalsozialismus.

Diese Vorfälle während der UEFA Euro 2024 werfen ein Schlaglicht auf die wachsenden nationalistischen Tendenzen in Europa. Anstatt ein Fest des Fußballs und der internationalen Freundschaft zu sein, wird das Turnier abseits vom sportlichen Geschehen von politischen Botschaften und Spannungen überschattet. Die UEFA und die nationalen Fußballverbände stehen vor der Herausforderung, solche Vorfälle zu verhindern und klare Zeichen gegen Rassismus, Nationalismus und Fremdenfeindlichkeit zu setzen. Die Schönheit des Fußballs liegt in seiner Fähigkeit, Menschen aus verschiedenen Kulturen und Hintergründen zu vereinen. Es ist entscheidend, dass dieser Geist der Einheit und des Respekts im Mittelpunkt bleibt und nicht von spalterischen Tendenzen überschattet wird. Es liegt in der Verantwortung aller Beteiligten, klare Zeichen gegen Diskriminierung, Nationalismus und Intoleranz zu setzen und sicherzustellen, dass der Sport seine verbindende Kraft voll entfalten kann.


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